Nisthilfen

Viele Insektenarten benötigen zusätzlich zu einem ausreichenden Angebot an Pollen- oder Nektarquellen bzw. Beutetieren auch geeignete Nistplätze. Ein Nistplatzmangel kann durch oben beschriebene Maßnahmen (Anreicherung mit Totholz, Schaffung und Erhaltung von Rohboden, Anlage von Trockenmauern oder Steinriegeln, Förderung von Brachen) behoben werden. Einige dieser Maßnahmen sind in der Umsetzung jedoch etwas aufwändiger, erfordern einen größeren Raum oder entfalten erst nach einigen Jahren ihre Wirkung. 

Wirkung

Durch Nisthilfen lassen sich für einige Teilgruppen der Insekten manchmal schnellere Erfolge erzielen. So können bspw. viele Arten aus der Insektengruppe der Hautflügler, zu denen auch die Wildbienen gehören, sich durch ein Angebot von Nisthilfen vglw. schnell im Garten ansiedeln.

Nisthilfen für Wildbienen sind beliebt, da sie von vielen Menschen als Möglichkeit betrachtet werden, in Zeiten des Insektensterbens etwas für den Insektenschutz zu tun. Außerdem bieten sich an Nisthilfen oftmals tolle Beobachtungsmöglichkeiten. Hier kann man dem Leben von Wildbienen richtig nah kommen und interessante biologische Phänomene entdecken.

Das starke Interesse an Nisthilfen hat dazu geführt, dass sie mittlerweile sogar als Fertigmodelle in Bau- und sogar Supermärkten angeboten werden. Leider weisen viele dieser Fertigmodelle mitunter starke fachliche Mängel auf, wodurch ihr Nutzen in der Regel sehr eingeschränkt ist. Nachfolgend werden Nisthilfen bzw. deren Elemente vorgestellt, die in fachlich korrekter Ausführung einen wertvollen Beitrag zur Reduktion des Nistplatzmangels leisten können.

Nistwände

Größere Nisthilfen bieten Platz für verschiedene Nistsubstrate und damit die Möglichkeit Arten mit unterschiedlicher Nistplatzspezialisierung in direkter Nachbarschaft anzusiedeln. Derartige Nisthilfen werden häufig als Nistwände nach dem Setzkastenprinzip in Holzbauweise oder mit Mauerwerkrahmen gestaltet. Ein Pultdach mit leichtem Dachüberstand schützt die Nistsubstrate vor Niederschlag, eine gute Besonnung sollte dennoch gewährleistet sein. Auch ist der eigenen Kreativität in der Konstruktion und Umsetzung keine Grenze gesetzt. Folgende Nistmaterialien können sinnvoll in Nistwände integriert werden. Viele können auch außerhalb von Nistwänden an geeigneten Stellen angeboten werden:

Hartholz

Für Totholznister sollten vorgebohrte Hartholzblöcke oder Stammholz vorhanden sein. Gut geeignet sind Eschen-, Rotbuchen- oder Eichenholz. Die Bohrlöcher verschiedener Durchmesser (2-10 mm, überwiegend im Bereich 3-6 mm) sollten im 90°-Winkel zur Faserrichtung ins Holz gebohrt werden, um der Bildung von Trocknungsrissen vorzubeugen. Dabei sollte man jedoch darauf achten, scharfe Hartholzbohrer (im Fachhandel erhältlich) zu verwenden, damit saubere Bohrlöcher entstehen, bei denen sich die Holzfasern nicht in den Bohrgang drehen und den Bewohnern den Zugang erschweren oder sie sogar verletzen können.

Sind die Bohrer stumpf, nicht für Hartholz geeignet oder werden mit viel Druck und hoher Drehzahl verwendet, können sie sich zudem sehr stark erhitzen und die Bohrgänge innen verkohlen, was unbedingt zu vermeiden ist. Im Zweifelsfall zwischendurch mal abkühlen lassen oder parallel mit zwei Bohrmaschinen arbeiten und nach einigen Bohrlöchern wechseln. Die Löcher können so tief gebohrt werden, wie die Bohrerlänge es hergibt, allerdings ohne das der Bohrer wieder aus dem Holz austritt. Die Verteilung der Bohrlöcher kann nach eigenen Vorstellungen erfolgen, ein Lochabstand von 1,0-1,5 cm sollte allerdings besser nicht unterschritten werden, da Bereiche mit sehr dicht gesetzten Bohrlöchern stärker zu Rissbildung neigen.

Morschholz

Da es auch Arten gibt, die in weichen oder bereits leicht verrottetem Holz selber Gänge nagen, ist es sinnvoll auch Morschholz in der Nistwand vorzuhalten. Hier kann auch gut Weichholz (z.B. Weide, Linde oder Pappel) genutzt werden, das nicht vorgebohrt werden muss.

Steilwand

Eine künstliche Steilwand aus mit Löss oder einem Gemisch aus Lehm/Ton und Sand gefüllten Boxen lässt sich ebenfalls sehr gut in Nistwände integrieren. Derartige Steilwandstrukturen werden von z.T. stark an diesen Nistplatz gebundenen Arten besiedelt. Als besonders geeignetes Material hat sich Löss herausgestellt (ein homogenes, feinkörniges Sediment, das hauptsächlich aus Schluff und in geringeren Anteilen aus Lehm und Feinsand besteht), der bei Betreibern von Lössgruben zu bekommen ist. Da gewachsene Lössstrukturen besonders stabil gegen Erosion sind, sollten am besten Lössbrocken in Größe der verwendeten Boxen mit dem Spaten ausgestochen und die verbleibenden Fugen an den Rändern mit feuchtem Löss ausgestopft werden. Nach dem Trocknen können die Boxen dann vertikal in die Nistwand eingefügt werden. Um die Besiedlung zu beschleunigen, können einige erste Löcher in das Material gebohrt werden. Die künstliche Steilwand wird nicht nur als Nistplatz genutzt. Einige Arten nutzen sie auch, um bindiges Baumaterial zur Anlage von Nestverschlüssen oder zur Herstellung ganzer Brutzellen zu gewinnen.

Dachziegel

Strangfalzziegel sind aus Ton gebrannte Dachziegel, die von linienförmigen Hohlkammern in einem Durchmesser von 5-8 mm durchzogen sind. Sie werden insbesondere von einigen Wildbienenarten besonders gut angenommen und sind sehr haltbar und wetterbeständig. Die Ziegel können einfach in die Fächer gestapelt werden. Sie werden für Nistwände zu relativ hohen Preisen im Internet angeboten. Günstiger ist der Bezug aus dem Baustoffhandel, noch besser die Nachnutzung von Strangfalzziegeln, die beim Abriss alter Gebäude anfallen.

Schilf und Bambus

Schilfrollen und mit Schilf oder Bambus gefüllte Dosen bieten ebenfalls zahlreichen oberirdisch nistenden Insektenarten (auch primären Totholznistern) einen geeigneten Nistplatz. Zur Herstellung von Schilfrollen können sehr gut alte Sichtschutzmatten aus Schilf verwendet werden. Das Schilf der Matten ist auf mehreren Ebenen mit feinem Draht verflochten. Mit einer hochfrequenten Bandsäge oder einem Dremel mit feinem Sägeblatt lassen sich die Matten sauber in 10-15 cm breite Streifen schneiden, die dann aufgerollt und in horizontaler Ausrichtung in die Nistwand gelegt werden können. Wichtig für eine gute Annahme als Nistplatz sind auch hier saubere, nicht ausgefranste Schnittflächen. Zugeschnittene Schilf- und Bambusstängelabschnitte lassen sich auch hervorragend in alte Konservendosen stecken und anbieten. Dabei sollten die Abschnitte so vorsortiert werden, dass die Knoten der Stängel (die für die Insekten nicht zu durchdringen sind) sich hinten in der Dose befinden, sodass der vordere, zugängliche Abschnitt möglichst lang ist. Auch die Dosen können dann in horizontaler Ausrichtung in die Nistwand gestapelt werden.

Stängel

Für stängelnistende Arten eignen sich markhaltige Stängel z.B. von Königskerzen, Beifuß, Disteln, Heckenrose, Brom- oder Himbeere. Diese Stängel können mit einer scharfen Rosenschere in 20-40 cm lange Abschnitte zerteilt und mit Draht gebündelt werden. Wichtig ist dabei, dass die Stängel in vertikaler (also natürlicher Ausrichtung) angeboten werden (anders als bei den Schilfrollen und Schilf- und Bambusdosen), da die echten Stängelnister sie ansonsten nicht annehmen. Arten wie die Schwarzspornige Stängelbiene nagen ihre Brutgänge dann von oben und von unten in die Schnittstellen. Die Bündel können sehr gut am Rahmen von Nistwänden angebracht werden. Einige stark spezialisierte Arten (z.B. Stängel-Dreizahnbiene) hingegen bevorzugen einzeln angeboten Markstängel. Für sie können Stängel einzeln an Zäunen befestigt werden.

Häufige Fehler, die beim Bau von Nistwänden vermieden werden sollten:

  • Unsaubere Bohrlöcher mit ausgefaserten Öffnungen und ausgefranste Schnittflächen in Schilf und Bambus; hier ist Insekten der Zugang z.T. versperrt und es einsteht eine Verletzungsgefahr z.B. für die filigranen Flügel.
  • Bohrungen ins Hirnholz (mit der Faserrichtung); hier entstehen häufig starke Trocknungsrisse, die zum Eindringen von Feuchtigkeit und zur Verpilzung der Brut führen können.
  • Fehlende Variation der Bohrlochdurchmesser oder starkes Übergewichtung von Bohrgängen großer oder sogar zu großer Durchmesser; die meisten Arten benötigen mittlere Durchmesser.
  • Füllungen aus Tannenzapfen, Hackschnitzel oder Stroh; diese Materialien werden von Wildbienen nicht als Nistsubstrat genutzt, maximal finden hier einige Insektenarten Unterschlupf.
  • Anbieten von Lochziegeln mit großen, scharfrandigen Hohlräumen; diese werden von Wildbienen nicht als Nistplatz genutzt.
  • Anbieten leerer Schneckenhäuser; einige Wildienenarten nutzen zwar leere Schneckenhäuser als Nistplatz, diese müssen allerdings in geeigneten Lebensräumen (häufig Kalkmagerrasen, naturnahe Waldränder und Steinbrüche) am Boden vorgefunden werden.
  • Künstliche Steilwände aus Substraten mit sehr hohem Lehm- oder Tonanteil, die im Trocknungsprozess sehr hart werden und dann von Insekten nicht als Nistplatz genutzt werden können.