Totholz
Abgestorbene Bäume oder abgestorben Teile (Äste, Zweige, Stammabschnitte oder Wurzeln) an noch lebenden Bäumen werden unter dem Begriff „Totholz“ zusammengefasst.
Lebensraum
Es klingt paradox, aber: Totholz ist voller Leben! Eine gewaltige Zahl an Mikroorganismen, Pilzen und Wirbellosen macht sich an die Zersetzung, sobald die Abwehrkräfte des Baumes nachlassen. Stirbt ein Baum vollständig ab, bleibt er oder zumindest sein Stamm oft noch für eine längere Zeit stehen. Dieses stehende Totholz bietet andere Lebensbedingungen als das am Boden liegende. Nach Regenfällen trocknet es wieder stärker ab, Feuchtigkeit kann also weniger tief eindringen. Stehendes Totholz wird zudem von Spechten zum Höhlenbau genutzt und bietet dann auch wertvollen Wohnraum für zahlreiche Sekundärnutzer unter den Vögeln und Säugetieren.
Der Abbau von Holz ist ein sehr langsamer Prozess, in dem Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Organismen stattfinden. In der Besiedlungsphase nach dem Absterben spielen totholzbewohnende Insekten eine besondere Rolle: Die Larven vieler Käfer entwickeln sich in Totholz. Sie nagen Gänge hinein und verdauen das gefressene Holz mithilfe von symbiontischen Hefepilzen, die in ihrem Darm wichtige Arbeit beim Aufschluss der Cellulose leisten. Die Käfer sind häufig Türöffner, denn sie erschließen durch ihre Bohr- und Fraßtätigkeit das Holz für weitere Insekten und für Pilze. In Mitteleuropa gibt es weit über 1.000 holzbewohnende Käferarten. Je nach Holzart und Mikroklima (Temperatur, Feuchtigkeit) kann die Zersetzung Jahrzehnte bis Jahrhunderte in Anspruch nehmen. Die im Holz gebundenen Nährstoffe werden dabei mineralisiert und dem Boden wieder zugeführt – vom Baum bleibt nichts als Erde übrig.
Totholz ist eine Voraussetzung für Artenvielfalt. Ein bedeutender Anteil der über 10.000 Pilze, Flechten, Moose und Tiere in unseren Wäldern ist zumindest phasenweise auf ein ausreichendes Totholzangebot angewiesen. Viele Arten benötigen das abgestorbene Holz einer bestimmten Baumart oder besiedeln es ausschließlich in einem bestimmten Zersetzungs- oder Feuchtigkeitsgrad. Im Offenland ist Totholz ebenfalls eine wichtige Ressource für viele Insekten und wird hier auch von Arten besiedelt, denen es in Wäldern zu schattig und zu kühl ist. Ein Beispiel sind totholznistende Stechimmen: Hunderte von Wildbienen und Wespen nutzen die leeren Fraßgänge holzfressender Käferlarven zur Anlage ihrer Brutzellen. Die meisten sind dabei auf eine gute Besonnung und die Nähe geeigneter Pollenquellen bzw. Beutetiere angewiesen. Da Totholz oft Mangelware ist, werden sogar alte Zaunpfosten oder Holzschuppen besiedelt, sofern Käferlarven die Vorarbeit geleistet haben.
Totholzstapel
Ist Totholz vorhanden, sollte es unbedingt erhalten werden und für die natürliche Zersetzung zur Verfügung stehen. Dort, wo Totholz selten ist, lässt sich durch die Anlage von Totholzstapeln aus verschiedenen Holzsorten viel für den Artenschutz erreichen. Das gilt auch für den eigenen Garten! Das Totholz kann in Form von naturnahen Totholzstapeln oder Totholzlagern (Kombination aus stehendem und liegendem Totholz) eingebracht werden. Für die Anlage eines Totholzlagers werden am besten an einer sonnigen Stelle im Abstand von 1-2 Metern vier Pfosten gesetzt und das Totholz zwischen den Pfosten aufgeschichtet. Besonders gut geeignet sind Stammholz und stärkeres Astmaterial von Eichen, Buchen, Erlen, Weiden, Pappeln, Birken und Obstbaumarten, am besten eine Kombination verschiedener Holzarten! Das unten liegende Holz hat Kontakt zum Boden und wird sich durch Feuchtigkeit und eindringende Pilze schneller zersetzen. Die oberen Partien und die Pfosten trocknen nach Regenfällen schnell wieder ab und bieten damit gänzlich andere Lebensbedingungen für Totholzbesiedler. Zur Stabilisierung sollten die Pfosten noch mit Querriegeln verbunden werden.
Durch ein Vorbohren von Löchern verschiedener Durchmesser (2-10 mm, überwiegend im Bereich 3-6 mm) kann die Ansiedlung von Totholznistern wie Wildbienen oder holzbewohnenden Wespen stark beschleunigt werden. Dabei sollte man jedoch darauf achten, scharfe Hartholzbohrer (im Fachhandel erhältlich) zu verwenden und im 90°-Winkel zur Faserrichtung zu bohren, damit saubere Bohrlöcher entstehen, bei denen sich die Holzfasern nicht in den Bohrgang drehen und den Bewohnern den Zugang erschweren oder sie sogar verletzen können. Sind die Bohrer stumpf, nicht für Hartholz geeignet oder werden mit viel Druck und hoher Drehzahl verwendet, können sie sich zudem sehr stark erhitzen und die Bohrgänge innen verkohlen, was unbedingt zu vermeiden ist. Im Zweifelsfall zwischendurch mal abkühlen lassen oder parallel mit zwei Bohrmaschinen arbeiten und nach einigen Bohrlöchern wechseln. Die Löcher können so tief gebohrt werden, wie die Bohrerlänge es hergibt, allerdings ohne das der Bohrer wieder aus dem Holz austritt. Die Verteilung der Bohrlöcher kann nach eigenen Vorstellungen erfolgen, ein Lochabstand von 1,0-1,5 cm sollte allerdings besser nicht unterschritten werden, da Bereiche mit sehr dicht gesetzten Bohrlöchern stärker zu Rissbildung neigen.
Wichtig!
Bereiche, in denen bereits Brombeeren verbreitet sind, eignen sich für diese Maßnahme nicht. Brombeeren überwuchern derartige Totholzstapel schnell und sind hier nur mit großem Aufwand zu entfernen.
Totholzstapel können übrigens auch Wirbeltieren wie Amphibien, Reptilien, Kleinsäugern oder Vögeln einen wertvollen Rückzugsraum bzw. Nistplatz bieten.
Bezugsquellen für Totholz
Totholz fällt manchmal bei Gehölzmaßnahmen im eigenen Garten oder im näheren Umfeld an. Solche Gelegenheiten gilt es zu nutzen! Wird das Totholz nicht gleich verwendet kann es bis zur Verwendung problemlos auch länger gelagert werden. Sollten derartige Gelegenheiten fehlen, ist auch ein Bezug über die Forstämter und zukünftig auch über das Projekt BieNe möglich.