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Zaunrüben-Sandbiene

Mai 2024

Pollenspezialisierung und Blütenpflanzen-Koevolution

Bienen und Blütenpflanzen haben in ihrer Koevolution über viele Millionen Jahre gegenseitige Anpassungen und vielfältige Spezialisierungen entwickelt. Ein interessantes Phänomen ist die Spezialisierung verschiedener Wildbienenarten auf bestimmte Pollenquellen. Etwa 30% unserer nestbauenden Wildbienenarten sind Pollenspezialisten. Ihre Weibchen sammeln Pollen an einer Pflanzenfamilie, -gattung oder -art und werden oligolektisch (wenige Pflanzenarten besammelnd) genannt. Der andere Teil der nestbauenden Bienenarten zählt zu den Pollengeneralisten und wird als polylektisch (viele Pflanzenarten besammelnd) bezeichnet. Die Einteilung in oligolektische und polylektische Wildbienenarten ist ein Hilfskonstrukt. Tatsächlich gibt es fließende Übergänge, was man daran sieht, dass auch bei polylektischen Arten durchaus ausgeprägte Vorlieben für bestimmte Pollenquellen bestehen, obwohl sie je nach Angebot auch andere Pollenquellen nutzen können. Die stärkere Spezialisierung der oligolektischen Arten bis hin zu Spezies, die nur noch an einer Pflanzenart Pollen sammeln (monolektisch), erfolgte wohl als Reaktion auf eine evolutive Entwicklung der Pflanzen, in deren Zuge Mechanismen entstanden, die vor einem zu starken Verlust an Pollen durch die sammelnden Bienen schützen sollten. Der Pollen wurde in ganz unterschiedlichen Strukturen verborgen (z.B. innerhalb eines Schiffchens bei den Fabaceen oder innerhalb spezieller Antheren bei den Solanaceen) oder mit chemischen Inhaltsstoffen versehen (vermutlich bis hin zu einer gewissen Toxizität). Daraufhin erfolgte eine Spezialisierung zahlreicher Arten über das Sammelverhalten oder Anpassungen im Larvenstoffwechsel (Zurbuchen & Müller 2012).

Eine seltene Spezies in Ostwestfalen-Lippe

In Ostwestfalen-Lippe sind fast 60 Arten aus der großen Wildbienengattung der Sandbienen vertreten. Alle Sandbienenarten leben solitär und legen ihre Brutzellen unterirdisch in grabbaren Bodensubstraten an. Etwa 50% der heimischen Sandbienenarten sind oligolektisch, dies trifft auch auf die Zaunrüben-Sandbiene zu. Einzige von den Weibchen genutzte Pollenquellen in Mitteleuropa sind die Rotfrüchtige oder Zweihäusige Zaunrübe (Bryonia dioica) und die Weiße Zaunrübe (Bryonia alba). Zaunrüben sind mehrjährige, kräftige und rasch wachsende Kletterpflanzen aus der Pflanzenfamilie der Kürbisgewächse (Curcubitaceae), die nährstoffreichen Boden benötigen und deren Sprosse mehrere Meter lang werden können. Die in Ostwestfalen wild vorkommende Art, die Zweihäusige Zaunrübe, ist getrenntgeschlechtlich. Die Zaunrüben-Sandbiene ist vollständig auf das Vorkommen von Zaunrüben angewiesen; sind keine Zaunrübenpflanzen vorhanden, fehlt dieser Wildbienenart die Existenzgrundlage. In Ostwestfalen-Lippe konnte die Art bisher am im Bereich des Diemeltals, punktuell im Kreis Lippe und im Stadtgebiet von Bielefeld nachgewiesen werden, vermutlich ist sie allerdings deutlich weiter verbreitet. Leider ist der Kenntnisstand der heimischen Wildbienenfauna noch unzureichend, da sich regional nur wenige Forscher intensiver mit dieser interessanten Insektengruppe beschäftigen.

Erkennung und Beobachtungstipps

Sollten sie Vorkommen von Zaunrüben kennen, so reicht eine kurze Kontrolle zur Flugzeit im Zeitraum Mai-Juni bei warmem und sonnigem Wetter, um die Art festzustellen. In der Regel tritt die etwa 10-12 mm große, auf dem Hinterleib auffällig rotbraun gefärbte Art bei Anwesenheit innerhalb weniger Minuten an der Pollenquelle auf. Die etwas kleineren und häufig auch etwas dunkleren Männchen sind häufig schon früher zu beobachten.

Förderung im eigenen Garten: Tipps zur Ansiedlung

Auch die Ansiedlung der Zaunrüben-Sandbiene im eigenen Garten kann mit geringem Aufwand gefördert werden. Durch Aussaat an Zäunen, Hecken oder beim Kompost (Achtung: Beeren giftig!) kann man der Wildbienenart die Pollenquelle anbieten und auf eine dauerhafte Ansiedlung durch umherstreifende Exemplare hoffen. Als Pollenquelle kommen bei der Zweihäusigen Zaunrübe allerdings nur die männlichen Pflanzen in Frage (die Weiße Zaunrübe hingegen ist einhäusig), also am besten immer mehrere Samen ausbringen!